Statische Sicht der Fachlichen Ebene

Die fachliche Ebene eines Krankenhausinformationssystems ergibt sich aus den Aufgaben des Krankenhauses, deren Erledigung das Krankenhausinformationssystem unterstützt, und den Objekttypen, die im Rahmen der Erledigung der Aufgaben jeweils bearbeitet bzw. interpretiert werden. Sie beschreibt damit die fachlichen Konsequenzen aus den Unternehmenszielen und abstrahiert dabei von den Werkzeugen, die zur Erledigung der Aufgaben eingesetzt werden.

Anmerkung: Das Modell der Fachlichen Ebene geht von der Vorstellung aus, dass sich die zu bearbeitenden Objekte alle in der betrachteten Welt befinden. Das macht die Vorstellung überflüssig, man müsse auf der fachlichen Ebene Objekttypen zwischen Aufgaben, bzw. Objekte zwischen Aktivitäten fließen lassen. Es wird nur noch dargestellt, im Rahmen welcher Aufgabe etwas bearbeitet wird, das im Rahmen welcher (anderen) Aufgabe möglicherweise interpretiert werden muss. Das bedeutet dann, dass darauf verzichtet wird, die Beziehungen zwischen Aufgaben zu modellieren und dies letztlich der Prozesssicht überlassen wird.

Die folgende Abbildung zeigt die UML-Notation der fachlichen Ebene.


Abb. 1: Das Metamodell der fachlichen Ebene.

Objekttypen

Informationen beziehen sich auf Objekte. Objekte sind physische oder virtuelle Dinge eines Krankenhauses (vgl. "part of the perceivable or conceivable universe" [15]), die durch Daten repräsentiert werden. Objekte können durch Merkmale beschrieben werden. Objekte mit denselben Merkmalsarten werden als Objekttyp zusammengefaßt; Objekttypen werden durch ihre Merkmalsarten repräsentiert (vgl. "concept" als "unit of thought constituted through abstraction on the basis of properties common to a set of objects" [15]). Durch Objekttypen kann daher beschrieben werden, welcher Art Informationen sind, die zur Bearbeitung einer Aufgabe benötigt werden oder nach Bearbeitung der Aufgabe bereitgestellt werden können. Objekttypen können verfeinert werden

Aufgaben

Eine (Unternehmens-) Aufgabe [17] ("enterprise function" [18]) ist nach [19], S. 147 eine Zielvorschrift für menschliches oder maschinelles Handeln. Das durch das Handeln zu erreichende Ziel deckt sich mit einem oder unterstützt die Erreichung eines (Teil-) Ziels des Unternehmens. Eine Aufgabe hat keinen definierten Anfang und kein definiertes Ende. Aufgaben lassen sich in Teilaufgaben gliedern.

Man kann eine Aufgabe und damit auch eine Teilaufgabe als Pflicht auffassen, die sich aus den Unternehmenszielen mehr oder weniger zwingend ergibt.

Das Handeln im Rahmen einer Aufgabe ist das Erfüllen der Zielvorschrift und erfolgt im Rahmen von Aktivitäten. Eine Aktivität der Aufgabe ist die einmalige Anwendung oder Durchführung eines Verfahrens, das zur Erledigung der Aufgabe zur Verfügung steht.

Aktivitäten bearbeiten Objekte, indem sie die Merkmalsausprägungen verändern. Hierzu werden ggf. Informationen benötigt, die aus den Merkmalen der bearbeiteten oder anderer Objekte gewonnen werden. Ein Objekttyp, dessen Objekte von den Aktivitäten einer Aufgabe bearbeitet werden, heißt 'zu bearbeitender Objekttyp einer Aufgabe'. Ein Objekttyp, von dessen Objekten die Aktivitäten einer Aufgabe Informationen gewinnen, heißt 'zu interpretierender Objekttyp einer Aufgabe'.

Im Rahmen dieser Arbeit wird zunächst darauf verzichtet, über dieses statische Modell hinaus eine Reihenfolge der Bearbeitung von Objekten durch Aktivitäten der Aufgaben zu modellieren. Dies bleibt der Erweiterung zu einem dynamischen Modell vorbehalten. Für Planung und Überwachung im strategischen Informationsmanagement ist es aber wichtig, dass für jeden Objekttyp die Aufgaben abgeleitet werden können, bei deren Erledigung der Objekttyp bearbeitet oder interpretiert wird und umgekehrt.

Organisationseinheit

Aufgaben werden in bestimmten Organisationseinheiten erledigt. Dies ist später insbesondere bei der Zuordnung von Anwendungsbausteinen bedeutsam.

Rollen

Rollen geben an, in welcher beruflichen Position sich eine Mitarbeiterin / ein Mitarbeiter befinden. Typische Rollen in einem Krankenhaus sind Oberarzt, Pflegepersonal; Med.-technische Assistentin etc.

Auf der fachlichen Ebene werden Anforderungen an die logische und physische Werkzeugebene formuliert. Aus diesem Grund können allein für diese Ebene keine semantischen Qualitätskriterien angegeben werden. Allerdings können auf der fachlichen Ebene Referenzmodelle beschrieben werden, die dann für die Modellierung eines konkreten Krankenhausinformationssystems lediglich noch modifiziert werden müssen. Referenzmodelle der fachlichen Ebene sind beispielsweise der Anforderungskatalog für die Informationsverarbeitung im Krankenhaus, das Good Electronic Health Record, das Reference Information Model das Kommunikationsstandards HL7, HISA oder die Europäische Electronic Healthcare Record Architecture (EHCRA).

Abb. 2 zeigt ein Beispiel einer fachlichen Ebene, das als eine Ausprägung des in Abb. 1 dargestellten Meta-Modells zu betrachten ist. Rechtecke repräsentieren dabei Aufgaben, Ovale stehen für Objekttypen. Ein Pfeil von einem Objekttyp zu einer Aufgabe markiert einen interpretierenden Zugriff, ein Pfeil von einer Aufgabe zu einem Objekttyp einen bearbeitenden Zugriff. Verfeinerungen sind dargestellt als Rechtecke, die in anderen Rechtecken enthalten sind. Typische Aufgaben eines Krankenhauses sind hier die KRANKENHAUSVERWALTUNG, die PATIENTENBEHANDLUNG oder die VERWALTUNG VON PATIENTENAKTEN. Die Aufgabe PATIENTENBEHANDLUNG ist verfeinert in weitere Aufgaben. Typische Objekttypen sind PATIENT, LEISTUNGSANFORDERUNG oder FALL.


Abb. 3: Beispiel einer fachlichen Ebene.

Die Aufgaben werden von den in einem Krankenhaus tätigen Personen erledigt. Diese benutzen dafür informationsverarbeitende Werkzeuge. Wir unterscheiden im folgenden logische Werkzeuge, die auf Softwareprodukten oder Organisationsplänen basieren und physische Werkzeuge wie Rechnersysteme oder konventionelle Werkzeuge.